
Urban gardening - der Garten erobert die Stadt
Bereits seit der Industrialisierung zieht es die Menschen vom Land in die Städte. Derzeit leben etwa 77% der deutschen Bevölkerung in städtischen Gebieten. Trotz der Vorteile, die die Stadt bietet, fehlt vielen der Bezug zur Natur. Die meisten leben in Mietwohnungen ohne eigenen Garten und haben bestenfalls noch einen Balkon zur Verfügung. Die freien Plätze in den Schrebergärten sind auch rar und hart umkämpft, wenn sie denn überhaupt vorhanden sind. Aus dem Grund entwickelt sich seit Jahren ein weltweiter Trend: urban gardening. Dieser Begriff beschreibt das Prinzip von kleinen und Kleinstanbauflächen auf unbebauten Flächen, Balkonen oder sogar auf Häuserdächern.
Wieso urban gardening?
Mittlerweile gibt es im Internet unzählige Webseiten,Gruppen und Anleitungen um den Menschen die Selbstversorgung auf kleinstem Raum zu ermöglichen. Ein Beispiel ist die Homepage von GrowVeg aus Großbritannien. Dort findet man Anleitungen und Planer rund um das Thema,leider aber nur in englisch.Vielen geht es auch darum, ihren Kindern zu zeigen, wie beispielsweise Gemüse wächst oder sie wollen ihren Bioanbau selbst in die Hand nehmen. Vor allem die Bewirtschaftung auf Dächern kann diese Nachfrage gut abdecken, da diese Flächen in den meisten Fällen nicht genutzt werden. Zudem wird dadurch die Artenvielfalt in den Städten erhöht und auch der zunehmenden Versiegelung von Flächen wird entgegengewirkt.
Ist die Begrünung für jedes Dach geeignet?
In vielen Teilen des Landes sind Dachbegrünungen bei Neubauten schon zum Standard geworden. Möchte man Gemüse- und andere Beete auf dem Dach anlegen, muss zunächst die Statik des Daches geprüft werden. Bei intensiv genutzten Flächen kann man von 200 – 700 kg/m² ausgehen. Außerdem sollte unbedingt oder ähnlicher Fallschutz auf dem Dach vorhanden sein.
Wenn wir nun alle grundlegenden Dinge geklärt haben gehen die Überlegungen schon weiter: vollflächig Substrat auftragen oder Hochbeete? Oder ganz andere Varianten? Das alles ist natürlich abhängig davon, was ich pflanzen möchte. Wenn bei Feldsalat und kleinen Kräutern noch 10-20 cm Tiefe zum durchwurzeln ausreichen, werden bei Obstbäumen schon 60 cm und mehr Substrathöhe nötig.
Wie sollte gepflanzt werden?
Generell ist die Pflanzung in Gefäße wahrscheinlich die übersichtlichere und ordentliche Variante als flächiges Substrat zu verteilen. Vor allem, wenn sich mehrere Personen an dem Garten beteiligen. In vielen Städten werden auf diese Art Gemeinschaftsgärten errichtet. Diese verbinden Gartenenthusiasten allen Alters, aber auch für Gastronomen kann ein eigener Garten auf dem Dach eine Bereicherung sein. In Kopenhagen wurde das Dach eines ehemaligen Autohauses zum Garten umgebaut und die Ernte wird im eigenen Restaurant verarbeitet. Hier geht es zum ØsterGro - Projekt.
Natürlich sind abseits von großen Dachgärten auch die Balkone eine gute Möglichkeit, Gemüse und Kräuter zu kultivieren. Selbst Bienenstöcke kann man mittlerweile auf städtischen Balkonen sehen.
Nun ist die Frage, in welche Gefäße man überhaupt pflanzen kann. Auf dem Dach und großen Balkonen sind beispielsweise Hochbeete aus Holz oder Corteenstahl möglich, aber auch mit unter eine kostspielige Sache. Auf dem Balkon wird nach wie vor gern der Kunststoff-Fensterkasten genutzt. Es gibt aber auch interessante Alternativen dazu:
Die Alternative zum Hochbeet
Die französische Firma BACSAC hat Pflanzsäcke aus Geotextil, einem extrem witterungsbeständigen und leichten Material, entwickelt. Diese Säcke haben den Vorteil, dass sie zum einen sehr leicht sind und zum anderen witterungsbeständig. Außerdem lassen sie Luft an das Substrat während überschüssige Feuchtigkeit langsam ablaufen kann und sich nirgends sammelt.
Sie sind mit wenigen Handgriffen aufgebaut und müssen nur befüllt werden. Wenn man sich entscheidet ein Beet aufzulösen, kann man die Säcke, nach entfernen der Erde, einfach kurz säubern und zusammengelegt verstauen! Natürlich gibt es die Produkte in verschieden Farben und ebenso vielen Größen. Diese reichen vom kleinen Hängepot für das Geländer bis zum großen Hochbeetformat.
Bestellbar sind die Produkte von BACSAC beispielsweise bei RaumBlick.
Auf den unteren Bildern ist ein großer, quadratischer BACSAC , bepflanzt mit einer Staudenmischung von Durchgeblueht.de zu sehen.
Substrate und Nährstoffe
Die Anforderungen an Substrate hängen natürlich von den gewählten Pflanzen ab. Steht bei einer einfachen Extensivbegrünung mit Sedum stärker die Wasserdurchlässigkeit im Vordergrund, ist bei einer Intensivbegrünung mit anspruchsvolleren Stauden und Sträuchern vor allem die Wasserspeicherung und Nährstoffversorgung gefragt. Der größte Anspruch im Vergleich zum Gartenbeet ist außerdem, dass die Substrate möglichst leicht sein müssen. In Anbetracht der zu erwartenden Dachlast, die eine Begrünung mit sich bringt, ist jedes Kilo weniger ein Vorteil.
Gerade für den Anbau von Gemüse ist eine ausreichende, regelmäßige Düngung und Bewässerung notwendig. Demzufolge sollte auf jedem Dachgarten ein Wasseranschluss vorhanden sein. Eine finanziell und technisch anspruchsvollere Lösung sind automatische Bewässerungssysteme, beispielsweise von Gardena oder Rainbird. Gerade bei einem Gemeinschaftsgarten sollte es immer jemandem möglich sein zu Gießen, sodass man sich teure Systeme sparen kann.
Abschließend bleibt zu sagen: egal für welche Pflanzen und Anbaumethoden Sie sich entscheiden, urban gardening und urban farming ist in jedem Fall ein sehr nachhaltiger und wichtiger Trend. Durch die Eigenproduktion werden Transportwege eingespart, man leistet einen Beitrag zur Klimaverbesserung und Artenvielfalt und man kommt mit seinen Mitmenschen in Kontakt. Im nächsten Artikel werde ich näher auf verschiedene Bepflanzungsmöglichkeiten eingehen.
Beispiele für Dachgartenprojekte:
Messegebäude Expo Porte de Versailles in Paris - hier wird auf ca. 14.000 m² Obst und Gemüse angebaut. zum Beitrag