Wie entwickeln sich Staudenmischungen ganz ohne Pflege?

„Meine Blümchen haben Durst…“


Da blutet das Gärtnerherz!

Vier Staudenmischungen, unbeachtet und komplett sich selbst überlassen inmitten der sandigen Einöde einer Berliner Großbaustelle. Keine Pflege, keine Wässerung, kein Rückschnitt, kein Unkrautzupfen – und das bei voller Sonne und seit 2021! 

Was hier nach Frevel oder Faulheit klingt, ist gewollt. Es ist ein Experiment, ein Härtetest für die durchgeblueht-Staudenmischungen. Im Vorfeld großflächiger Pflanzungen im künftigen Wohngebiet sollen sie zeigen, wie sie sich unter extremen Bedingungen entwickeln. Denn Hitzesommer und ausbleibender Regen werden absehbar zu den dauerhaften oder zumindest wiederkehrenden Herausforderungen im privaten wie öffentlichen Grün zählen.

Wir waren zum Orts-Check am 13.10.2022 in Berlin.

 

Das Testfeld:

Am Rande einer Großbaustelle in der sogenannten „Sandbüchse“ von Berlin, umringt von Ruderalvegetation und lediglich abgegrenzt durch einen einfachen Maschenzaun, wurden im Frühjahr 2021 vier Testfelder angelegt, mit einer 3-5 cm starken mineralischen Mulchauflage aus Waschkies der Körnung 2 bis 8 mm. Nach fachgerechter Pflanzung wurden die Stauden sich selbst überlassen. Vorab gesagt: Es handelt sich nicht um eine wissenschaftliche Teststrecke, vielmehr soll der Versuch Orientierungsmöglichkeit für Bauherr, Projektsteuerung und Planer bieten.

 

Die Kandidaten:

Zum Einsatz kamen die trockenheitsverträglichen und langjährig bewährten Staudenmischungen Moritzburger Blühzauber, WeinheimerPräriesommer, Heimische Blütensteppe und Mediterranes Blütenmeer.

 

Das Ergebnis:

Die Pflanzen wirken sehr gedrungen, sie haben etwa 1/3 ihrer maximalen Wuchshöhe erreicht. Und auch von einem 100-prozentigen Flächenschluss kann keine Rede sein. Und doch sind die Pflanzungen aussagekräftig: Die Mehrzahl der Arten haben überdauert. Die Staudenflächen heben sich deutlich gegen die umgebende Einöde ab, wenngleich der direkt anschließende Wildwuchs die Grenzen verwischt. Die Blüten von Spornblume (Centhranthus ruber), Steinquendel (Calamintha nepeta), Indigolupine (Baptisia australis), Witwenblume (Knautia macedonia) und Schafgarbe (Achillea millefolium) tupfen jetzt, im Oktober, noch immer zarte Farben zwischen abgeblühte Blütenstände und welkende Gräser. Die Stauden und Gräser sind startklar für die nächste Vegetationsperiode, bei entsprechender Pflege holen sie den Rückstand schnell auf.

Dennoch gilt: Die extreme Klima- und Witterungsentwicklung sollte fester Bestandteil bei der Planung der Fertigstellungs- und Entwicklungspflege sein, mit langfristigen Vertragsbindungen und Flexibilität, gerade bei der Anzahl notwendiger Wässerungsgänge. Weitere hilfreiche Tipps in unserem Beitrag Mit Staudenund richtiger Pflege gegen Hitze & Trockenheit“ 

 

Und Unkraut?

Beinahe Fehlanzeige! Eindeutig hat hier die Kombination aus magerem Pflanzsubstrat, ausbleibender Düngung und anhaltender Trockenheit den stickstoffliebenden Unkräutern den Garaus gemacht.

 

Unser Favorit:

Die Mischung Mediterranes Blütenmeer, denn Katzenminze (Nepeta x faassenii) und Blauschwingel (Festuca cinerea) stehen kräftig und noch in Blüte, auch wenn die Schwertlilien (Iris germanica) sehr klein geblieben sind. Der Flächenschluss funktioniert hier am besten!

 

Wir können nur sagen: Wacker geschlagen!


Anja Simonsen


Foto: Berlin Testfläche auf reinem Sandboden, Alchemilla 'Terracotta'.